Richtig gut Gitarre spielen: Tipps für die Körperhaltung

Gitarrenhaltung Stuhl

🇩🇪 Es verblüfft mich jedes Mal, welchen Effekt eine Veränderung der allgemeinen Körperhaltung beim Gitarrenspiel auf den Klang der Töne haben kann. Obwohl die Veränderung vielleicht weit weg vom eigentlichen Ort des Geschehens durchgeführt wird.

Du lässt den linken Ellbogen lockerer hängen, weil Dich Dein*e Gitarrenlehrer*in darauf aufmerksam gemacht hat, dass er zu weit nach oben steht. Dadurch fällt es Dir plötzlich leichter, einen halben Barré auf den drei hohen Saiten richtig zu setzen, und die Töne kommen zum ersten Mal glasklar! Oder Dir klappt Dein Fußbänkchen zusammen, weil Du aus Versehen dagegengetreten hast, Du stellst es wieder auf, erwischst dabei zufällig eine andere Höheneinstellung oder eine andere Fußposition, Du beginnst wieder zu spielen und Deine Töne klingen auf einmal viel sauberer als vorher! Wenn Du nicht zufrieden damit bist, wie Dein Gitarrenspiel klingt, versuche es doch einmal mit einer anderen Körperhaltung entlang der folgenden Tipps (zwei Basics, zwei Intermediate und ein Advanced).

Basics: Mit der richtigen Grundhaltung auseinandersetzen

Zur richtigen Grundhaltung der Gitarre gibt es im Internet schon unheimlich viel nachzulesen. Vielleicht hast Du Dich aber noch gar nicht ausführlich damit beschäftigt, weil doch vermeintlich jeder weiß, wie man sich eine Gitarre auf den Schoß legt. Vielleicht hast Du Dir in einem der vielen YouTube-Gitarren-Channels von Autodidakt*innen und Semiprofis etwas Ungünstiges abgeschaut und Dir eine falsche Grundhaltung angewöhnt. Lass Dich von den locker-flockigen Gitarrenvideos der zahlreichen Influencer*innen nicht ablenken und orientiere Dich nur an ausgewiesenen Profis. Trotz falscher Grundhaltung kann man mit der Gitarre erstmal recht weit kommen. Aber genauso sicher kommt der Punkt, an dem das Besserwerden dadurch unmöglich wird. Wenn Du wirklich gut Gitarre spielen möchtest, ist „back to the roots“ der einzige Weg nach vorne.

Basics: Lagerfeuer-Gitarre oder klassische Haltung?

Vielleicht liegt Deine Gitarre lässig auf dem rechten Oberschenkel, weil das die typische Lagerfeuer-Gitarrenhaltung ist. Aber Du weißt gar nicht, dass die so genannte klassische Gitarrenhaltung, bei der die Gitarre mit aufgerichtetem Hals auf dem linken Oberschenkel liegt, der durch eine Fußbank in eine erhöhte Position gebracht wird, es viel einfacher macht zu spielen und die beste Übungshaltung ist. Anleitungen dazu gibt’s auch vielfach im Internet, außerdem Hilfsmittel in Form von Gitarrenkissen [Affiliate Link], mit denen Du ohne Rückenschmerzen in der klassischen Gitarrenhaltung spielen kannst. Vielleicht hast Du Dir aus Lagerfeuer- oder Coolness-Gründen auch eine Westerngitarre statt einer klassischen Gitarre zugelegt und weißt nicht, dass es sich auf einer klassischen Gitarre viel leichter lernt und Du damit schneller fit sein wirst (dann auch wieder für einen Wechsel zurück zur Westerngitarre, wenn Du das noch willst).

Auch wenn man mit Nylonsaitengitarre und klassischer Haltung vielleicht etwas weniger influencermäßig aussieht, probiere es wenigstens einmal aus! Erfolgserlebnisse steigern die Motivation und Du wirst schneller besser. Und ganz ehrlich: Irgendwann möchtest Du gar nicht mehr anders spielen. Übrigens kann man ohne Weiteres auch am Lagerfeuer mit der klassischen Gitarrenhaltung performen: Setz Dich einfach in den Schneidersitz, stelle die Gitarre aufrecht in die Kuhle zwischen Deinen verschränkten Beinen und lasse sie auf den linken Oberschenkel sinken. Stelle dann den linken Oberschenkel etwas auf (vielleicht gibt es auch einen Ast, Stein oder eine Tasche, an den Du ihn etwas erhöht anlehnen kannst). Und los geht’s!

Intermediate: Gitarre parallel zum Körper mit nach vorne gerichtetem Schalloch ausrichten

Als Anfänger*in kippt man gerne mal die Gitarre zum Körper hin, um von oben draufschauen zu können, wo die Finger hingehören. Aber auch als Fortgeschrittene*r passiert das und ist sogar vorübergehend notwendig, um insbesondere die Profi-Tipps für die linke Hand kontrolliert anzuwenden und zu verinnerlichen. Irgendwann muss man aber darauf vertrauen lernen, dass die Finger wissen, was sie tun, und die Gitarre so ausrichten, wie sie eigentlich ausgerichtet sein sollte: parallel zum Körper und mit einem gerade nach vorne schauenden Schallloch. So kannst Du dann nur noch von oben auf die Seitenkante der Gitarre schauen und ungefähr abschätzen, wo sich die Finger gerade befinden. Für den Klang ist das ein Riesenfortschritt, denn einfach alles Wichtige in Bezug auf Griff, Druck & Co. lässt sich viel besser umsetzen, wenn die Gitarre senkrecht steht und sich die Handgelenke nicht unnatürlich überdehnen müssen.

Intermediate: Aufrecht sitzen

Die Alternative zum schrägen Kippen der Gitarre, um als Anfänger*in sehen zu können, was die Finger da treiben, ist es, sich mit rundem Rücken über die Gitarre drüberzuhängen. Abgesehen davon, dass das unprofessionell aussieht und nicht gut für die Wirbelsäule ist, hat es auch keinen guten Einfluss auf den Klang. Aufrecht sitzen, den Brustkorb durchdrücken, Gitarrenkontakt am Brustbein halten – die richtige Sitzposition wirkt sich dagegen positiv aus. Wirklich, der Effekt ist ganz enorm!

Advanced: Sich auf verschiedene „Spielplätze“ einzustellen lernen

Wenn Du nicht an Deinem gewohnten Übungsplatz zu Hause oder in der Musikschule, sondern in einem Hotelzimmer, auf einem Bett oder auch nur auf einem anderen Stuhl als sonst sitzt, kann es leicht passieren, dass Dein Gitarrenspiel plötzlich viel schlechter klingt. Dann hast Du Dir wahrscheinlich nicht die Zeit genommen, Dich richtig zu platzieren bzw. auf den neuen „Spielplatz“ einzustellen, bevor Du angefangen hast zu spielen. Anfangs ist es am besten, immer am selben Platz zu üben und die richtige Körperhaltung zu finden und zu perfektionieren, bis man sich darauf verlassen kann. Erst wenn man verstanden hat, welche Änderungen in der Haltung aus welchem Grund zu einer Verschlechterung oder Verbesserung des Klangs führen, kann man sich an neuen Spielorten zurechtfinden. Einfach hinsetzen und losspielen – bis das klappt, musst Du wirklich schon sehr gut und routiniert sein.

Im früheren Stadium komme besser frühzeitig, um Deine Sitzposition in einer neuen Umgebung zu erproben, wenn Du auf einer Bühne oder unter Freunden jemandem etwas vorspielen willst. Wenn Du im Urlaub in einem Hotelzimmer üben willst, fange nicht gleich an zu klimpern, sondern nimm Dir Zeit, verschiedene vorhandene Sitzmöglichkeiten auszuprobieren und sie z.B. mit Kissen unter dem Po für einen stabileren oder höheren Sitz oder mit einer aus Büchern oder Kisten improvisierten Fußbank zu optimieren. Erst wenn Du Dich wirklich wohlfühlst und auch unter widrigen Bedingungen (Strand, Bett) eine möglichst optimale und bekannte Position einnehmen kannst, legst Du los. Ab einem gewissen Level ist es durchaus förderlich, bewusst an verschiedenen Orten zu spielen, damit Du flexibler wirst. Verlege also auch zu Hause gerne mal eine Übungssession in ein anderes Zimmer. Nicht nur die Sitzgelegenheit, auch das Drumherum (großer oder kleiner Raum, Fliesen oder Tapete, etc.) wirkt sich auf den Klang und Dein Spiel aus – und kann verunsichern, wenn Du Dich nicht auf solche Veränderungen eingestellt hast.

Titelbild: Michael Gaida auf Pixabay